Humanitäre Hilfe für die Ukraine, seit Mai 2022

Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022 wurde frühzeitig zusammen mit dem BBK entschieden, die vorhandene TeleSAN App in einer reduzierten Form zur Unterstützung der medizinischen Versorgung in der Ukraine anzubieten. Auf deutscher Seite wurden hierzu ehrenamtliche Ärztinnen und Ärzte gewonnen, die für Telekonsultationen zur Verfügung stehen. Auf ukrainischer Seite kann die App als Webapp auf nahezu jedem internetfähigen Gerät eingesetzt werden. Das Ziel ist, die medizinische Versorgung vor Ort zu unterstützen, hier allerdings auf nicht lebensbedrohliche Erkrankungen beschränkt, da die Verfügbarkeit von Ärztinnen und Ärzten durch das ehrenamtliche System nicht gewährleistet werden kann. Zeitgleich sollen diese Konsultationen in anonymer Form der Bewertung zur Machbarkeit der Telemedizin im realen Zivilschutzereignis dienen.

Leider wurden bisher keine Konsultationen durchgeführt und wir suchen weiterhin Unterstützerinnen und Unterstützer. Wenn auch Sie als Ärztin oder Arzt dabei sein möchten oder Kontakte in die Ukraine haben, die Bedarf nach medizinischer Beratung haben, wenden Sie sich gerne an: video-aid@dgkm.org

CBRN-Studie

Telemedizin im CBRN-Schutzanzug kann nicht mithilfe eines Smartphones durchgeführt werden, sodass eine alternative Technik notwendig ist. Hierfür wurde eine Datenbrille ausgewählt, auf der die TeleSAN-App ebenfalls installiert werden kann und eine Steuerung über Sprache möglich ist.

In der CBRN-Studie haben wir diese Datenbrille erstmals im CBRN-Schutzanzug (Typ Filter-Gebläse-Schutzanzug) getestet. In einem fiktiven Szenario musste jeweils eine Probandin bzw. ein Proband einen Patienten in der Patientenablage nach einer Freisetzung von Reizgasen versorgen. Dieser Patient hatte initial erkennbar eine Amputation des linken Oberschenkels, war jedoch ansprechbar. Unter telemedizinischer Anleitung versorgten die Probandinnen und Probanden zuerst die spritzende Blutung und verabreichten im Anschluss ein Analgetikum über nasale Applikation zur Schmerzreduktion. Aufgrund dessen wurde der Patient ateminsuffizient, sodass die Einlage einer Larynxmaske indiziert war. Abschließend wurde ein intraossärer Zugang zur Volumengabe platziert.

Mit dieser Studie soll sowohl untersucht werden, welche medizinische Qualifikation zur Umsetzung von telemedizinisch delegierten Maßnahmen notwendig ist, wie auch, ob sich die Datenbrille technisch für diesen Anwendungsfall eignet.

Die Studiendurchführung ist bereits abgeschlossen und die Ergebnisse werden ausgewertet. Eine Publikation ist im Jahr 2023 geplant.

Machbarkeitsstudie

Das System TeleSAN wurde erstmals beim Musik-Festival Summerjam am echten Patienten eingesetzt, um zu untersuchen, ob Telemedizin durch Rettungssanitäter möglich ist. Hierzu wurde die Unfallhilfsstelle, die regulär arztbesetzt ist, mit Telemedizin in Form des TeleSAN ausgestattet. Dieser TeleSAN hat ein Tablet als Hardware zur Nutzung der App, ein Headset und eine Kamera, sowie Medizingeräte zur digitalen Übertragung von Vitalparametern: ein Pulsoximeter und 1-Kanal-EKG (Viatom Check-me Pro), ein Blutdruckmessgerät (Medisana Bu540) und digitales Stethoskop (Riester Ri-sonic).

In Absprache mit allen Verantwortlichen wurde die Notärztin bzw. der Notarzt vor Ort als Telemedizinerin und Telemediziner eingesetzt. In einem Nebenraum zur Unfallhilfsstelle wurde der Telemedizin-Arbeitsplatz aufgebaut, an dem sich die Telemedizinerin oder der Telemediziner aufhielten. Nur bei Patientinnen und Patienten, die lebensbedrohlich erkrankt waren und damit eine sofortige konventionelle Behandlung benötigten, bei Patientinnen und Patienten, die vorab definierte Ausschlusskriterien erfüllten oder bei Patientinnen und Patienten, die der Studie nicht einwilligten, wurde die Notärztin bzw. der Notarzt in die Unfallhilfsstelle gerufen, um vor Ort eine konventionelle Behandlung durchzuführen. Die Ergebnisse dieser Studie werden zurzeit ausgewertet und sollen im Jahr 2023 veröffentlicht werden.

Simulationsstudie

Nachdem in der Machbarkeitsstudie die generelle Verwendung des Systems am Patient getestet wurde, allerdings immer nur eine Patientin oder ein Patient zeitgleich behandelt wurde, wurde eine Simulationsstudie konzipiert, mit der eine Gruppe aus Einsatzkräften in einem Zivilschutzszenario Telemedizin einsetzen sollte.

Für diese Studie wurde ein Drehbuch entwickelt, nach dem innerhalb von 60 Minuten insgesamt 10 Patientinnen und Patienten unterschiedlicher Sichtungskategorie versorgt werden mussten. Das Szenario wurde von einer Gruppe in einer Behandlungsstelle nach dem Konzept der Medizinischen Task Force abgearbeitet. Diese Gruppe besteht regulär aus 1 Gruppenführer/in, 1 Arzt/ Ärztin, 2 Rettungssanitäter/innen und 2 Sanitäter/innen. Für diese Studie wurden drei Kohorten festgelegt, die unterschiedlich arbeiteten. In der ersten Kohorte wurde die konventionelle Medizin mit einer Ärztin oder einem Arzt in der Behandlungsstelle durchgeführt. Diese Kohorte dient als Vergleich zur Telemedizin. In der zweiten Kohorte wurde der Arzt oder die Ärztin im Zelt durch den TeleSAN ersetzt und an einem Telemedizin-Arbeitsplatz außerhalb der Sicht- und Hörweite zum Szenario saß eine Telemediziner oder ein Telemediziner, die das Szenario begleiteten. In der dritten Kohorte wurde ebenfalls der TeleSAN statt der Ärztin oder dem Arzt vor Ort eingesetzt, jedoch erhielten hier zudem alle anderen Einsatzkräfte ein Smartphone, über das sie ebenfalls die Funktionen der TeleSAN-App (interaktive Leitlinien, Dokumentation, Telekonsultation) nutzen konnten.

Mit dieser Studie soll untersucht werden, wie die Telemedizin genutzt wurde und ob diese vergleichbare Ergebnisse zur konventionellen Medizin liefert. Zudem wird die Leitlinienadhärenz untersucht.

Die Studiendurchführung ist bereits abgeschlossen und die Ergebnisse werden zurzeit ausgewertet. Die Publikation der Ergebnisse ist für die Jahre 2023 und 2024 vorgesehen.

Integration der Telemedizin in die Führungsorganisation des Zivilschutzes (Befragung)

Die Telemedizin ist ein neues Konzept für den Zivilschutz, was sich im besten Fall in die bereits bestehenden Führungsstrukturen einfügen soll. Hierzu wurde eine Befragung von Führungskräften durchgeführt, die ihre Meinung zur Integration der Telemedizin in die Führungsorganisation über Fragen darstellen sollten. Zudem wurde die Befragung interaktiv über ein Fallbeispiel eines Anschlages auf einen Jahrmarkt gestaltet, sodass die Darstellung der Führungsorganisation daran orientiert erstellt und mit Telemedizin ggf. angepasst werden sollte.

Die Ergebnisse wurden von Anna Müller et al. in der Zeitschrift Intensiv- und Notfallbehandlung Jahrgang 48, Nummer 1- 2023 unter der ISSN: 0947-5362, Seite 3-13 veröffentlicht.

Telemedizin im Hochwassereinsatz (Befragung)

Um die Machbarkeit der Telemedizin im Zivilschutz zum Projektende bewerten zu können, sind unterschiedliche Anwender- und Zielgruppe einzubeziehen. Mit der Online-Befragung zur Telemedizin im Hochwassereinsatz 2021 möchten wir Betroffenen und Einsatzkräften befragen, wie sie rückblickend die Nutzung der Telemedizin in einem solchen Einsatz bewerten würden. Die Befragung findet online statt.

Wenn Sie vom Hochwasser betroffen waren oder als Einsatzkraft bei der Bewältigung dieser Katastrophe unterstützt haben, würden wir uns über Ihre Teilnahme an unserer Befragung freuen:

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Telemedizin im Zivilschutz aus Sicht von Ärztinnen und Ärzten (Befragung)

Auch die Meinungen von Ärztinnen und Ärzten als wesentliches Element der Telemedizin ist für uns von Interesse. Auch hierzu wurde eine Online-Befragung konzipiert, mit der wir Ärztinnen und Ärzte dazu befragen, wie sie sich ein Telemedizin-System im Zivilschutz vorstellen und ob sie die Telemedizin unterstützen würden, um aus der Ferne bei der medizinischen Versorgung von Verletzten und/oder Erkrankten zu unterstützen.

Wenn Sie Ärztin oder Arzt sind und Interesse haben, Ihre Meinung in unser Telemedizin-System einfließen zu lassen, freuen wir uns über Ihre Teilnahme an dieser Befragung:

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Publikationen

Müller A, Kunczik J, Rossaint R, Czaplik M, Follmann A (1. Quartal 2023) Integration der Telemedizin in die Führungsorganisation des Zivilschutzes. Intensiv- und Notfallbehandlung 48(1):3–13. doi:10.5414/IBX00602 

Follmann A, Müller A (1. Quartal 2023) Telemedizin im Bevölkerungsschutz. Intensiv- und Notfallbehandlung 48(1):14–17. doi:10.5414/IBX00594